StrahlenschutzKOMPAKT

FAQ

Was weiß man über das Lungenkrebsrisiko durch Radon bzw. seine Folgeprodukte?

Ask the Expert

Abdichtungen gegen Radon

Frage:

(Haiko Schönfeld, 23.02.2018)

Das SchtrlSchG ist seit nunmehr 8 Monaten in Kraft und seit dem 01.01.2018 sind für den Bereich Hauseinführungen in Neubauten neue Regelungen in Kraft getreten. So sollen auch die Hauseinführungen für Wasser und Telekommunikation gasdicht sein (§ 123 SchtrlSchG). In unserem Neubau wurden im November 2017 damals noch zulässige KG-Rohre verbaut, nun besteht der Versorger für Wasser und Telekommunikation darauf, dass wir diese entfernen lassen und gasdichte Anschlüsse verlegen.

  1. Gibt es denn für diesen Fall keine Übergangslösung?

  2. Wo finde ich zu dieser Lage Informationen?

Antwort:

(Dr. Klaus Flesch, Sekretär des Arbeitskreises Natürliche Radioaktivität, Dr. Bernd Lorenz, Sekretär des Arbeitskreises Rechtsfragen, 23.02.2018)

Die Frage zielt offensichtlich auf § 123 Abs. 1 StrlSchG ab, worin geregelt wird, dass derjenige, der ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen errichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen hat, um den Zutritt von Radon aus dem Baugrund zu verhindern oder erheblich zu erschweren. Falsch ist der Termin des Inkrafttretens des StrlSchG zum 01.01.2018. Die Regelungen zum Radon an Arbeitsplätzen treten erst wie der größte Teil des StrlSchG zum 31.12.2018 in Kraft.

Insofern kann/darf der „Versorger für Wasser und Telekommunikation“ auf der Grundlage des StrlSchG noch gar keine Forderungen stellen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der „Versorger für Wasser und Telekommunikation“ keine Behörde ist, erst recht nicht die zuständige Strahlenschutzbehörde, sehr wahrscheinlich auch nicht der Eigentümer der Liegenschaft. Er kann privatrechtlich den Eigentümer nicht zu Maßnahmen verpflichten. Falls die Bundeswehr die Eigentümerin des Gebäudes ist, wäre sie nach Inkrafttreten des StrlSchG dann natürlich dafür verantwortlich und hat die Pflichten wahrzunehmen.

Es gibt noch keine Festlegungen hinsichtlich einer neuen Baunorm. Falls Behörden in Kenntnis dessen, dass bald eine neue Regelung in Kraft treten wird, deren Beachtung fordern, kann man sich dem zumindest moralisch schlecht entziehen. Die zuständige Strahlenschutzbehörde kann aber auch nur dann weitere Forderungen stellen, wenn sie eine erhöhte Radonsituation erkennt. Es sollte unter Beachtung des Referenzwertes von 300 Bq/m³ („gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft an Arbeitsplätzen“) nach § 126 StrlSchG überhaupt erst mal die Radonsituation geprüft werden. Erst auf der Grundlage dieser Kenntnisse kann eingeschätzt werden, inwieweit tatsächlich Maßnahmen zu einer bestmöglichen und verhältnismäßigen Reduzierung der Radonaktivitätskonzentration in den Arbeitsräumen beitragen. Falls Maßnahmen als erforderlich erkannt werden, sollte auch geprüft werden, ob Ventilationssysteme (z. B. auch Klimaanlagen) bereits für einen ausreichenden Luftaustausch in Räumen sorgen können. Zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen wären dann entbehrlich.

Referenzwert für Radon

Frage:

Im Strahlenschutzgesetz §80 ist für Einzelpersonen der Bevölkerung eine eff. Dosis von 1 mSv im Kalenderjahr einzuhalten. Warum wurde bei dem Referenzwert von 300 Bq/m³ eine effektive Dosis von 10 mSv pro Jahr zugrunde gelegt?

Antwort:

Dr. Klaus Flesch, Sekretär des Arbeitskreises Natürliche Radioaktivität im Fachverband für Strahlenschutz

Für die Erklärung der „Strahlenschutz-Philosophie“ zu den Grenzwerten für die Bevölkerung und zum Referenzwert für Radon in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen ist die Unterscheidung zwischen „Geplanten Expositionssituationen“ und „Bestehenden Expositionen“ zu beachten. Dazu gelten nach dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) die folgenden allgemeinen Vorschriften:

  • § 2 Abs. 2 StrlSchG: Geplante Expositionssituation ist eine Expositionssituation, die durch (atom- oder strahlenschutzrechtliche) Tätigkeiten entsteht und in der eine Exposition verursacht wird oder verursacht werden kann.
  • § 2 Abs. 4 StrlSchG: Bestehende Expositionssituation ist eine Expositionssituation, die bereits besteht, auch dann wenn eine Entscheidung über ihre Kontrolle getroffen werden muss.

Die durch Tätigkeiten verursachten Expositionen sind „planbar“ und sie sind deshalb gering zu halten, sodass für Personen der Bevölkerung der nach § 80 Abs. 1 StrlSchG festgelegte Grenzwert von 1 mSv im Kalenderjahr eingehalten wird.

Für bestehende Expositionssituationen gelten andere komplexe Maßstäbe. Sie können mehrere Expositionspfade umfassen und generell breite Verteilungen der jährlichen individuellen Dosen von 10 bis 100 mSv im Jahr zur Folge haben. Derartige Situationen betreffen häufig Wohnungen wie etwa im Fall von Radon. Dabei wird die Höhe der Exposition in vielen Fällen durch das Verhalten der exponierten Personen bestimmt.

Für bestehende Expositionssituationen hat die EU-Kommission die Anwendung von Referenzwerten empfohlen. Dabei handelt es sich um individuelle Dosiswerte in Verbindung mit der Umsetzung des Optimierungsprinzips, nach dem Expositionen mit verhältnismäßigen Mitteln so niedrig wie möglich erreicht werden sollen (ALARA – as low as reasonable achievable). Die wichtigsten Faktoren für die Festlegung von Referenzwerten für bestehende Expositionssituationen sind

  • die Durchführbarkeit,
  • die Kontrollierbarkeit der Situation und
  • die Erfahrungen mit der Bewältigung vergleichbarer Situationen in der Vergangenheit.

Auf dieser Grundlage hat die Internationale Strahlenschutzkommission in ihrer Empfehlung Nr. 103 (ICRP 103) als Maßstab für den Referenzwert in Innenräumen eine effektive Dosis von 10 mSv im Jahr vorgeschlagen. Für die Umrechnung von einer Radon-Aktivitätskonzentration in eine daraus resultierende Dosis gibt es eine derzeitig gültige Konvention. Demnach folgt der Referenzwert für die effektive Dosis von 10 mSv aus einer Radon-Aktivitätskonzentration von 300 Bq/m3. Diesem Vorschlag ist die EU-Kommission in ihrer Richtlinie 2013/59/Euratom gefolgt. Diese Richtlinie bildete die Grundlage für die Umsetzung des neuen Strahlenschutzrechts in Deutschland und der Festlegung des Referenzwertes von 300 Bq/m3.