FS-Symposium zum Thema: Zwischenlager – Dauerlager – Endlager: Wo bleiben wir mit unseren radioaktiven Abfällen?

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Nachwort der Präsidentin zu dem FS-Symposium

Nachwort der Präsidentin zu dem FS-Symposium

Nachwort der Präsidentin zu dem FS-Symposium „Zwischenlager – Dauerlager – Endlager: Wo bleiben wir mit unseren radioaktiven Abfällen“ vom 22. bis 24. September 2014 in Mainz

Deutschland sucht seine Entsorgungs-Perspektive. Wird es gelingen, den besten Endlagerstandort zeitnah zu finden oder werden weitere 50 Jahre benötigt?

Jeder große Schritt in der technischen Entwicklung rief irgendwann eine Gegenbewegung hervor. So begann vor mehr als 200 Jahren nicht nur das Zeitalter der industriellen Revolution, sondern auch das der Romantik…. In den 60er und 70er Jahren, als die Kernenergie einen ersten Boom verzeichnete, entwickelte sich die Anti-Atombewegung. Von Anfang an wird ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle gesucht mit entsprechend massiver Gegenwehr. Eine Gegenbewegung zum aktuellen neu gestarteten Auswahlprozess für einen Endlagerstandort gibt es in Deutschland derzeit nicht. Macht die Einigkeit vielleicht gar ohnmächtig gegenüber der Situation, die Deutschland sich gewissermaßen selber eingebrockt hat? Viele derzeitige Probleme sind hausgemacht, wie beispielsweise die Frage nach der Alterung der Zwischenlagerbehälter, die in für 40 Jahre genehmigten Zwischenlagern stehen, aber nun doch 80 oder mehr Jahre dort verharren müssen, weil ein Endlager für mehrere Jahrzehnte nicht verfügbar ist. 

Die gesellschaftspolitische Einigkeit besteht derzeit darin, dass ein Endlager zu suchen ist. Nach Vorstellungen des BMUB kann bis 2031 der sogenannte bestmögliche Standort gefunden werden. Dafür hat die Bundesregierung in diesem Jahr die Endlagerkommission eingesetzt. Doch ist wirklich noch ein gesellschaftspolitischer Konsens möglich oder wird spätestens bei der Entscheidung über den Standort erneut ein starker Wiederstand erwachen, weil eben niemand gerne radioaktiven Müll in einem Endlager vor seiner Haustür haben möchte?

Deutschland fordert den am besten geeigneten Standort für ein Endlager. Die IAEA plädiert dagegen für ein geeignetes Endlager. Führt der deutsche Weg nicht unausweichlich in weitere zeitliche Unbestimmtheiten, die neue Probleme und Unsicherheiten hervorrufen? Ist es eventuell ein politisches Ausweichen vor einer finalen technischen Lösung, weil der bestmögliche Standort von morgen lange nicht die beste Lösung übermorgen sein muss?  

Ein Blick auf chemisch-toxische Schadstoffe, die schon in mehrere Deponien in Dimensionen eingelagert werden, die die Mengen an radioaktiven Abfällen bei weitem überschreiten, kann da durchaus helfen. In Deutschland existieren 4 Untertage-Deponien für chemisch-toxische Abfälle. Es sind ausnahmslos Salzbergwerke. Die weltweit größte Sondermülldeponie liegt in Herfa-Neurode in Hessen und ist seit mehr als 40 Jahren in Betrieb. Mehr als 2 Millionen Tonnen chemisch-toxische Abfälle aus dem In- und Ausland sind hier eingelagert, wie Uwe Kasemeyer vom ZWILAG auf dem FS-Symposium in Mainz mit dem Thema „Zwischenlager-Dauerlager-Endlager – Wo bleiben wir mit unseren radioaktiven Abfällen“ zur Einleitung seines Vortrages betonte. Im Gegensatz zu den radioaktiven Abfällen verlieren viele dieser Abfälle niemals ihre Gefährlichkeit, sie haben sozusagen die Halbwertszeit unendlich. Im Rampenlicht der politischen Diskussion tauchen die chemisch-toxischen Abfälle jedoch eher selten auf. Unter Berücksichtigung der endlichen Zeitskala ist das Risiko, einen Schaden durch die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu erleiden, wesentlich kleiner. Dies wird so aber nicht von der Bevölkerung wahrgenommen.

Ein anderer Punkt betrifft die Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle, die durchaus differenziert betrachtet wird. Aus Sicht des Strahlenschutzes wäre die Rückholung sicher eine große Herausforderung und mit einer zusätzlichen Strahlenexposition der Tätigen verbunden. Manche Naturwissenschaftler und auch Ethiker haben allerdings andere Betrachtungsweisen und plädieren für ein aktives Endlager-Management über Generationen hinaus und frühzeitige Einbindung zukünftiger Generationen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Aspekte und Lösungen für die Handhabung der radioaktiven Abfälle zu finden.

Ein wichtiger Aspekt bei der Einrichtung eines Endlagers ist die Erreichung der gesellschaftspolitischen Akzeptanz. Dies funktioniert nur durch Bildung von Vertrauen der Bevölkerung in die Verfahren und Lösungen der Endlagerung radioaktiver Abfälle, d.h. Vertrauen in die verantwortlichen Institutionen bzw. Personen. Gerade dieses Vertrauen ist bei der deutschen Bevölkerung in den letzten 50 Jahren leider schrittweise verloren gegangen und kann - wenn überhaupt - nur durch viel Information und fachliche Aufklärung wieder gewonnen werden. Hierbei ist große Ausdauer gefragt. Die Anstrengungen könnten sich allerdings lohnen. Ein Aspekt, der beim Symposium diskutiert wurde, ist, dass ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nur durchsetzbar sein wird, wenn die Bevölkerung - egal an welchem Standort - es will. Dazu muss durch Aufklärung deutlich gemacht werden, dass es auch bei der Entsorgung ein Nullrisiko nicht gibt, alle anderen Lösungen - außer Endlagerung in tiefen geologischen Formationen - höhere Strahlenexpositionen bedeuten.

Eine größere Akzeptanz eines Endlagers bei der Bevölkerung kann möglicherweise auch dadurch erreicht werden, wenn die Abfallmengen minimiert werden. Dies kann im gewissen Rahmen durch die Einrichtung von Dauerlagern mit Abklingzeiten von 80 bis 100 Jahren erreicht werden, wenn gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass die heutigen Freigabewerte weiterhin genutzt werden können. Dieses ist im Hinblick auf die derzeitigen Änderungen durch die Europäischen Basic Safety Standards nicht selbstverständlich – ein Thema, das in Kürze auf der neuen Internetseite des FS zur Diskussion steht.

Gabriele Hampel, FS-Präsidentin.