? Strahlenwirkung und Strahlenschutz ?

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  Frage:
Welche Strahlendosen sind gefährlich, und welche können vernachlässigt werden?


Kurzantwort

Dosen im Bereich von Sievert (Sv) führen zu Akutschäden (Frage 102) und sind sicher gefährlich. Dosen im Bereich von µSv (Millionstel Sievert) sind viel kleiner als die Schwankungsbreite von natürlich verursachten Dosen und können deshalb vergessen werden. Das Risiko für Spätschäden bei effektiven Dosen zwischen 1 mSv und 100 mSv kann durch einen Vergleich mit der natürlich verursachten Strahlendosis und rein rechnerisch bewertet werden. Für beruflich Strahlenexponierte gilt ein Grenzwert von 20 mSv pro Jahr (StSV).

Illustration

Einige Dosiswerte als Grössenordnung und ihre Bewertung; die Fläche der Kreise entspricht der effektiven Dosis



Erklärung

Strahlendosen, die zu Akutschäden führen, sind gefährlich und müssen verhindert werden. Solche Dosen sind grösser als eine Schwellendosis, die für die empfindlichen Organe wie Knochenmark, Darm oder Lunge bei einigen Sievert liegt. Solche Dosen kamen nach den Bombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki, nach Tschernobyl und bei weiteren Unfällen vor.

Als Massstab für die Bewertung eines zusätzlichen Strahlenrisikos für Dosen in der Grössenordnung des Grenzwertes für beruflich Strahlenexponierte und kleinere Dosen können verwendet werden:
  1. Ein Vergleich mit der natürlich erzeugten Strahlendosis und deren Variationsbreite.
    Eine zusätzliche Strahlendosis verursacht (z.B. durch eine Röntgenaufnahme oder durch Überreste der Radioaktivität von Tschernobyl) kann nicht isoliert für sich bewertet werden, sondern addiert sich zur Dosis infolge natürlicher Bestrahlung. Diese Jahresdosis variiert von etwa 1 mSv bis ca. 10 mSv und beträgt im Mittel ca. 3 mSv. Dabei ist wichtig zu wissen, dass unser Körper effiziente Mechanismen zur Reparatur von Strahlenschäden zur Verfügung hat. Falls eine zusätzliche Dosis künstlichen Ursprungs viel kleiner ist als die Variationsbreite der Dosis natürlichen Ursprungs, fällt ihre Auswirkung nicht ins Gewicht und kann vernachlässigt werden (Grössenordnung µSv = tausendstel mSv).


  2. Risikofaktoren für Krebs und Erbschäden.
    Im Bereich des Grenzwertes für strahlenexponierte Personen und darunter kann mit Hilfe der Risikofaktoren das zusätzliche Risiko für Krebs und Erbschäden berechnet werden (siehe Frage 102). Zu beachten ist wiederum, dass sich dieses zusätzliche Risiko zu einem schon vorhandenen spontanen Risiko addiert. Das Risiko für Krebs beträgt z.B. in Europa ca. 25%, d.h. jeder vierte Einwohner stirbt im Durchschnitt an Krebs. Man kann auch sagen, dass jeder Bewohner mit dieser Wahrscheinlichkeit von ca. 25% an Krebs stirbt. Auch diese Zahl von 25% hat eine Variationsbreite. Liegt nun das zusätzliche Risiko innerhalb dieser Variationsbreite, können zusätzliche Krebsfälle prinzipiell nicht nachgewiesen werden, auch wenn sie existieren und sogar berechnet werden können. Falls beispielsweise jemand während 70 Jahren jährlich je 1 mSv Dosis aus künstlichen Quellen aufnimmt, erhöht sich rein rechnerisch diese Zahl von 25% auf 25,35%.
Aus dem oben gesagten folgt, dass es zwischen den vernachlässigbaren Dosen (µSv) und den gefährlichen Dosen (Sv) nicht möglich ist, eine genaue Abtrennung gefährlich - ungefährlich anzugeben. Unnötige Dosen sollten vermieden werden, wenn der Aufwand vertretbar ist, und es sollte eine Kosten-Nutzen-Optimierung vorgenommen werden. Immerhin kann angenommen werden, dass die für die Bevölkerung verlangte Limite von jährlich höchstens 1 mSv zusätzliche Dosis ausreichenden Schutz garantiert und dass auch der Grenzwert für die beruflich strahlenexponierten Personen ein akzeptierbares Berufsrisiko darstellt.

Hugo Loosli August 04

Referenz:
StSV: Strahlenschutzverordnung (in der Schweiz), 1994,
resp.StrlSchV: Strahlenschutzverordnung (in Deutschland)

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