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? Strahlenwirkung und Strahlenschutz ?
Fragen und Antworten => Strahlenwirkung => Frage und Antwort |
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Frage:
Sind Strahlendosen miteinander vergleichbar ?
Kurzantwort
Physikalisch beschreibt die Energiedosis die auf eine Masse-Einheit einer Materie übertragene Strahlenenergie. Verschiedene Strahlenarten können jedoch auch bei gleicher Energiedosis unterschiedliche biologische Wirkungen verursachen. Dies wird mit dem Wichtungsfaktor für die verschiedenen Strahlenarten berücksichtigt, was zur Äquivalentdosis führt. Die Energiedosis (mit der Einheit Gray) und die Äquivalentdosis (mit der Einheit Sievert) sind immer auf einen Punkt bezogen und somit vom Ort abhängig (z.B. in einem bestimmten Organ im Körper).
Die effektive Dosis (Einheit: Sievert) ist die Summe der mit den organspezifischen Strahlenrisiken gewichteten Äquivalentdosen in den einzelnen Organen des Körpers. Sie ist ein Mass für das gesamte Strahlenrisiko einer exponierten Person und entspricht ungefähr einer vergleichbaren mittleren Ganzkörperdosis. Die effektive Dosis erlaubt den Vergleich verschiedener Teilkörperexpositionen (z.B. eine Röntgenuntersuchung des Thorax oder eine Schilddrüsenuntersuchung) mit einer Ganzkörperexposition (z.B. natürliche Strahlenexposition) bezüglich Strahlenrisiko (vgl. auch Frage Nr. 102).
Illustration
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Links: Aus den unterschiedlichen Organdosen (in mSv) bei einer Thorax-Röntgenaufnahme kann eine effektive Dosis von 0,05 mSv berechnet werden. |
Rechts: Schilddrüsenuntersuchung mit 1 MBq I-131 führt zu einer Schilddrüsen-Dosis von 360 mSv und einer effektiven Dosis von ca. 17 mSv. Die Untersuchung mit 90 MBq Tc-99m führt zu einer Schilddrüsen-Dosis von 2 mSv und einer effektiven Dosis von 1 mSv. |
Erklärung
Die Energiedosis (Einheit Gray, 1 Gy = 1 J/kg) gibt an, wieviel Energie von der Strahlung auf die Masseneinheit einer Materie übertragen wird. Die Äquivalentdosis wird aus der Energiedosis berechnet durch Multiplikation mit einem sogenannten Wichtungsfaktor, der die Unterschiede der Strahlenart auf die biologische Wirkung berücksichtigt. Für Röntgen- und γ-Strahlung beträgt der Wichtungsfaktor 1, für Neutronen-Strahlung je nach Energie 3 - 5, für α-Strahlung 20 usw.
Die Angabe der biologischen Strahlenwirkung hängt von der Ionisationsdichte ab, welche die Strahlung beim Durchgang durch das Gewebe erzeugt. Dicht ionisierende Strahlung (wie z.B. Neutronen- oder α-Strahlen) erzeugt mehr biologische Effekte als locker ionisierende Strahlung (wie z.B. Röntgen-, γ- oder β-Strahlen). Deshalb erzeugen bei gleicher Energieübertragung auf das Gewebe α-Strahlen (z.B. beim natürlichen Radon) einen grösseren biologischen Effekt als γ-Strahlen. Diese Berücksichtigung der unterschiedlichen biologischen Wirkung führt zur sogenannten biologischen Dosis, der Äquivalentdosis mit der Einheit Sievert (Sv).
Die Äquivalentdosis ist vor allem im Strahlenschutz von Bedeutung und nur bei Bestrahlung von lebender Materie sinnvoll. Sie kann nur in einem definierten Punkt angegeben und verglichen werden. Damit können bei einer Strahlenexposition an verschiedenen Stellen am und im Körper sehr unterschiedliche Dosen auftreten. Ein Vergleich von verschiedenen Strahlenexpositionen ist damit schwierig, da dabei immer angegeben werden muss, auf welche Körperstelle bzw. auf welches Organ sich die Dosis bezieht.
Um Strahlenrisiken von unterschiedlichen Teil- oder Ganzkörperbestrahlungen miteinander vergleichen zu können, wurde der Begriff der effektiven Dosis eingeführt. Die effektive Dosis erlaubt den Vergleich des Gesamtrisikos von unterschiedlichen Strahlenexpositionen wie externe und interne Bestrahlungen, Teilkörper- und Ganzkörperbestrahlungen, Expositionen von Röntgenstrahlen und von Radionukliden usw. (vgl. Frage Nr. 102 für die Berechnung von Strahlenrisiken aus den effektiven Dosen). Dabei werden die Dosen in den einzelnen bestrahlten Organen oder Geweben mit einer relativen Strahlenempfindlichkeit (Wichtungsfaktor) gewichtet und über den gesamten Körper summiert. Im Prinzip wird dabei mit Hilfe der einzelnen Organempfindlichkeiten das entsprechende Risiko einer vergleichbaren Ganzkörperexposition berechnet. Die effektive Dosis ist proportional zum Krebsrisiko und zum genetischen Risiko. Das relative Strahlenrisiko (Summe = 1.00) der einzelnen Organe und Gewebe wird zur Zeit wie folgt berücksichtigt:
Keimdrüsen (Risiko durch vererbbare Schäden) | 0.20 |
rotes Knochenmark (Leukämie-Risiko), Lunge, Enddarm und Magen | je 0.12 |
Brust, Schilddrüse, Blase, Leber und Speiseröhre | je 0.05 |
Knochenoberfläche und Haut | je 0.01 |
alle übrigen Gewebe zusammen | 0.05 |
Diese Wichtungsfaktoren sind Mittelwerte für die berufstätige weibliche und männliche Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Daraus geht hervor, dass die effektive Dosis primär für den Strahlenschutz von beruflich strahlenexponierten Personen definiert wurde. Für medizinische Strahlenexpositionen müssen je nach Geschlecht, Alter usw. spezifische Wichtungsfaktoren berücksichtigt werden, die nur teilweise zur Verfügung stehen. Unterschiedliche Personen zeigen unterschiedliche Strahlenempfindlichkeiten. Das Konzept der effektiven Dosis basiert ausschliesslich auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Die Dosen müssen deshalb deutlich unter dem Schwellenwert für deterministische Wirkungen (Akutschäden) liegen, was bei Röntgenuntersuchungen meistens der Fall ist. Die Bestimmung der effektiven Dosis ist sehr aufwendig, da alle Dosen in den relevanten Organen bekannt sein müssen. Die effektiven Dosen erlauben es aber, unterschiedliche Strahlenexpositionen miteinander zu vergleichen, so z.B. eine Röntgenuntersuchung mit einer nuklearmedizinischen Untersuchung oder der natürlichen Strahlenexposition.
In der obigen linken Abbildung ist am Beispiel einer Thorax-Röntgenaufnahme dargestellt, wie unterschiedlich die Organdosen am Patienten sein können. Für die Ermittlung der Strahlenexposition bei einer Röntgenuntersuchung müssen zahlreiche Organdosen bestimmt werden. Mit Hilfe der oben genannten Wichtungsfaktoren kann dann die effektive Dosis angegeben werden
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