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Frage:
Was weiss man über das Lungenkrebsrisiko durch Radon-Folgeprodukte?
Kurzantwort
Lungenkrebs ist heute in vielen Ländern eine der häufigsten Ursachen für Krebs-Todesfälle. In der Schweiz sterben z.B. jährlich etwa 60 von 100 000 Männern und etwa 20 von 100 000 Frauen an Lungenkrebs Diese Krebsart ist zum grössten Teil auf den Tabakkonsum zurückzuführen. Einige % bis maximal 10% der Lungenkrebstodesfälle müssen jedoch rechnerisch den Radon-Folgeprodukten zugeschrieben werden. In der Illustration sind die Ergebnisse aus vielen Studien zusammengefasst, wie das Lungenkrebsrisiko mit steigender Radon-Konzentration in der Atemluft zunimmt.
Illustration
Figur II, p 323, UNSCEAR 2000
Legende: Gegen rechts ist die Radonkonzentration für Bergarbeiter resp. für die Bevölkerung im Wohnbereich aufgetragen, gegen oben das relative Lungenkrebsrisiko (100% entspricht dem Lungenkrebsrisiko ohne Radon-Aktivität in der Atemluft). Man sieht, dass dieses "normale" Risiko bei ca. 400 Bq/m3 um rund 40% erhöht ist. Man sieht aber auch, dass sogar bei diesen zusammengefassten Studien (in diesem Bereich relativ geringer Radon-Konzentrationen) die statistischen Fehler und das Vertrauensintervall noch relativ gross sind. Deshalb ist eine numerische Angabe der Risiko-Erhöhung als recht unsicher einzustufen.
Erklärung
Lungenkrebs ist heute in vielen Ländern eine der häufigsten Ursachen für Krebs-Todesfälle. In derSchweiz sterben z.B. jährlich etwa 60 von 100 000 Männern und etwa 20 von 100 000 Frauen an Lungenkrebs. In der Schweiz sterben pro Jahr rund 3000 Personen an Lungenkrebs. Diese Krebsart ist zum grössten Teil auf den Tabakkonsum zurückzuführen. Die momentan höhere Krebshäufigkeit bei Männern als bei Frauen hängt damit zusammen, dass die Männer früher mit Rauchen begonnen haben; die Häufigkeit für Lungenkrebs ist bei Frauen jetzt stark am Ansteigen. Die Latenzzeit zwischen Tabakkonsum und Krankheitsausbruch beträgt bis zu 20 Jahre.
Es stellen sich die Fragen, ob Radon-Folgeprodukte im Lungengewebe die Krebshäufigkeit verstärken und wie genau man die relative Erhöhung kennt. Radon-Folgeprodukte (siehe Frage 203) werden grossenteils an der Lungenoberfläche abgelagert; die α-Strahlung kann in den teilungsfähigen Basalzellen zu Strahlenschäden führen. Die Reichweite von α-Strahlung im Gewebe ist wohl auf ca. 0,05 mm begrenzt. Die α-Strahlung ist aber besonders gefährlich, weil die Ionendichte hoch ist und im Bereich einer DNA einige Ionenpaare erzeugt werden können (siehe Frage 101). Man rechnet mit einem Wichtungsfaktor 20 für diese Strahlenart, um aus der Energiedosis eine Äquivalentdosis zu berechnen (siehe Frage 317). Allerdings weisen heute die Berechnungen des Lungenkrebsrisikos mit Hilfe der deponierten Energie durch die α-Strahlung und eines Lungenmodells (inkl. Geometrie der Lunge, Atemvolumen usw.) große Unsicherheiten auf.
Risikofaktoren für Lungenkrebs konnten jedoch auf Grund von vielen Studien an Bergwerksarbeitern berechnet werden; es wurden Konzentrationen bis einige 1000 Bq/m3 Atemluft bestimmt und es zeigte sich ein steigendes Risiko mit steigender Radonkonzentration. Die Rauchergewohnheiten, der Staubgehalt in der Atemluft, das Atemvolumen, das Alter bei Bestrahlung und das Zeitintervall seit Bestrahlung sind in Rechnung zu stellen und wurden für die in der Illustration dargestellten zusammengefassten Studien möglichst berücksichtigt.
Im Konzentrationsbereich bis ca. 400 Bq/m3, dem Richtwert der Schweizer Gesetzgebung, ist in dieser Figur auch die Zunahme des Krebsrisikos bei der Wohnbevölkerung dargestellt. Die angegebenen Messpunkte sind eine Zusammenfassung mehrerer sogenannter "Fall-Kontroll"-Studien, wo individuelle Lungenkrebsfälle je bezüglich Radon-Belastung, Raucherverhalten und weiterer Faktoren mit Kontrollpersonen (ohne Lungenkrebs) verglichen wurden. UNSCEAR 2000 wertet dieses Vorgehen als zuverlässiger als etwa Studien, die auf geografische Mittelung beruhen. Die Hauptschwierigkeiten bei diesen Studien besteht in der zuverlässigen Erfassung des Raucherverhaltens und der Radon-Konzentrationen auf Jahre oder Jahrzehnte zurück.
Immerhin zeigt die Figur, dass das relative Lungenkrebsrisiko bei der Wohnbevölkerung mit der Radon-Konzentration ähnlich stark zunimmt wie bei den Minenarbeitern. Aus diesen Daten resp. aus der Figur kann abgeschätzt werden, dass für einen Mittelwert von 70 Bq/m3 einige bis maximal 10% der Lungenkrebsfälle den Radon-Folgeprodukten zuzuschreiben sind.
Hugo Loosli August 04
Referenz
UNSCEAR 2000, UNSCEAR: United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation, Report 2000 to the General Assembly.
Schüler: Atlas der Krebsmortalität in der Schweiz 1951-1991.
Vereinigung Schweizerischer Krebsregister
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