? Strahlenwirkung und Strahlenschutz ?

Themenübersicht => Radioaktivität => Frage und Antwort
 
  Frage:
Wie viel Radioaktivität enthält der Erdboden; und welche Strahlendosen ergibt dies?


Kurzantwort

Die natürliche Radioaktivität in der Erde besteht hauptsächlich aus Kalium-40 und den Uran- und Thoriumisotopen mit ihren Folgeprodukten. Die Aktivitätskonzentration ist meistens unabhängig von der Tiefe und beträgt ca. 300 Bq/kg für Kalium-40 resp. 10-30 Bq/kg für Uran, Thorium und Folgeprodukte. Von den Bombenversuchen und von Tschernobyl sind heute nur noch langlebige Isotope von Bedeutung; die Cäsium-137-Aktivität beispielsweise beträgt im Mittel ca. 20 Bq/kg, während sie in Gebieten, wo starke Niederschläge nach dem Unfall von Tschernobyl viel Radioaktivität aus der Luft ausgewaschen und abgelagert haben, bis einige 100 Bq/kg betragen kann. Künstlich erzeugte Radioaktivität ist durch die Niederschläge je nach der Beschaffenheit des Bodens bis maximal in eine Tiefe von ca. 0,5 m transportiert worden. Entscheidend für die Bewertung ist aber die Strahlendosis und nicht direkt die Aktivität (Frage 102).

Illustration

Legende: Gegen rechts ist schematisch die Aktivität aufgetragen, gegen unten die Tiefe im Boden. Die Aktivität von natürlichen Substanzen zeigt je nach Nuklid unterschiedliche Beträge, bleibt aber mit der Tiefe praktisch konstant. Die Aktivität von künstlichen Quellen (Bombenversuchen, Tschernobyl) zeigt auch variable Beträge und kann lokal ähnlich gross sein wie diejenige aus natürlichen Quellen. Der Transport von künstlicher Aktivität in den Boden hinein durch die Niederschläge führt zu einer Abnahme mit der Tiefe. Zur externen Bestrahlung tragen vor allem γ-Strahler bei, Kalium-40 bei den natürlichen und Cäsium-137 bei den künstlichen Nukliden.

Erklärung


Die natürliche Radioaktivität in der Erde besteht hauptsächlich aus Kalium-40 und den Uran- und Thoriumisotopen mit ihren Folgeprodukten. Diese natürliche Aktivität ist meistens unabhängig von der Tiefe, zeigt aber eine beträchtliche Variationsbreite. So sind je nach Region für die Kalium-40-Aktivität Werte zwischen 100 und 1000 Bq/kg gemessen worden. Die Uran- und Thorium-Aktivität und ihre Folgeprodukte schwanken je nach geologischem Untergrund zwischen ca. 10 und 40 Bq/kg (für Details siehe die Jahresberichte von BAG und BfS).

Durch die atmosphärischen Bombenversuche (1950-1975) und nach dem Unfall von Tschernobyl (1986) gelangten künstliche Radionuklide auf den Boden. Heute sind davon nur noch die langlebigen von Bedeutung (z.B. Cäsium-137, Strontium-90 und Plutonium-239), weil die kurzlebigen zerfallen sind (z.B. die Jod-Isotope).

Die Oberflächenaktivität der künstlichen Nuklide hat in den Jahren seit der Ablagerung stark abgenommen; verantwortlich dafür sind der radioaktive Zerfall und der Transport der Radioisotope in den Boden durch versickernde Niederschläge bis in eine Tiefe von ca. 0,5 m. Insbesondere für den Ausfall aus Tschernobyl zeigte es sich, dass im allgemeinen der Transport in tiefere Bodenschichten in Waldböden wesentlich langsamer abläuft als in Freilandböden. Die gemessenen Tiefenprofile zeigen aber eine grosse Variationsbreite.

In grossen Gebieten Norddeutschlands und im schweizerischen Mittelland stammt der grösste Teil der Cäsium-137-Aktivität von früheren Atombombentests; eine typische Bodenbelegung zeigt Werte von ca. 5-20 Bq/kg. In anderen Gebieten beträgt die Cäsium-137-Aktivität auch heute noch bis ca. 400 Bq/kg; dort sind nach dem Unfall in Tschernobyl durch die Niederschläge mehr Aerosole ausgewaschen worden (Bayern, gewisse alpine Regionen, Tessin). Genaue Messungen zeigen aber, dass auch auf geringe Distanzen (Meter) relativ grosse Unterschiede in der Aktivität pro kg trockene Erde auftreten. Grössere Niederschlagsmengen in den Alpen haben dort in den 60er-Jahren auch zu einer grösseren Aktivität von Cäsium-137 und Strontium-90 auf dem Boden geführt. Diese Strontium-90-Aktivität beträgt typisch ca. 1-10 Bq/kg, diejenige von Plutonium-239 ca. 0,2-1 Bq/kg, wobei beide Nuklide vor allem von den Atombombenversuchen der 60er-Jahren stammen.

Massgebend für eine Bewertung der Aktivität in Böden aber ist die dadurch bewirkte Strahlendosis. Zur externen Bestrahlung tragen insbesondere die Nuklide bei, die γ-Strahlung aussenden. So ergeben das natürlich vorkommende Kalium-40 und die Folgeprodukte von Uran und Thorium eine Strahlendosis von ca. 0,3 bis 0,6 mSv/Jahr mit einem Mittelwert von ca. 0,4 mSv/Jahr. Zur externen Bestrahlung wegen künstlicher Aktivität im Boden trägt vor allem Cäsium-137 (als γ-Strahler) bei; die dadurch verursachte Dosis variiert mit der Bodenbelegung zwischen 0,01 und 0,1 mSv/Jahr.

Die Radioaktivität im Boden kann via Pflanzen in den Menschen gelangen und zu einer internen Bestrahlung führen. Wiederum macht das natürliche Kalium-40 den grössten Dosisbeitrag aus (siehe Frage 305). Dagegen ergibt die Bestrahlung durch die im Körper enthaltenen künstlichen Nuklide Cäsium-137 und Strontium-90 einen Dosisbeitrag in der Grössenordnung von einigen mSv/Jahr, weil die Aufnahme durch die Wurzeln nicht sehr effizient erfolgt. Noch kleiner ist der Beitrag von Plutonium-239, weil dieses Element von den Pflanzen sehr schlecht aufgenommen wird.

Hugo Loosli August 04

Referenz
Jahresberichte von BAG und BfS
Forschungszentrum Karlsruhe: Radioaktivität und Kernenergie, 2001.

© Fachverband für Strahlenschutz e.V.,  http://www.fs-ev.de [zurück]  []