? Strahlenwirkung und Strahlenschutz ?

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  Frage:
Inwieweit ist Strahlenschutz in der Radio-Onkologie überhaupt möglich ?


Kurzantwort

Ja, vor allem bei den hohen Dosen, welche am Patienten appliziert werden, muss auf eine hohe Ge-nauigkeit der Bestrahlung geachtet werden. Im Tumorvolumen (Zielvolumen) soll einerseits eine hohe, therapeutisch wirksame Dosis appliziert werden. Andererseits müssen die ausserhalb des Tumorvolumens gelegenen Organe und Gewebe gut geschützt werden vor unerwünschter Strahlung. Dies erfordert einen hohen Aufwand an technischen Möglichkeiten und eine sorgfältige Planung bzw. Simulation der Bestrahlung. Trotzdem können gesunde Organe in der Umgebung des Zielvolumens Dosen von einem Sv und mehr erhalten.

Illustration

Bester Schutz in der Strahlentherapie: Präzision in der Einstellung und Schonung des gesunden Ge-webes (F. Wachsmann, 1969).

Erklärung

Um Tumorzellen zu vernichten, braucht es etwa 60 – 80 Gy. Es muss somit eine sehr hohe Dosis im Zielvolumen (Tumor) appliziert werden, um die gewünschte Strahlenwirkung zu erzielen. Die Strah-lung muss auf ihrem Weg auch gesundes Gewebe durchdringen. Dieses soll eine möglichst kleine Dosis erhalten, um irreversible Schäden zu vermeiden. Ein gewisses Ausmass an unerwünschter Wirkung ist nicht zu vermeiden, wie übrigens bei jedem medizinischen Eingriff bzw. jeder Therapie.

In der Radio-Onkologie werden unterschiedliche Strahlenquellen eingesetzt, bei denen der Strahlenschutz unterschiedlich zu handhaben ist: Beschleuniger, Röntgentherapie, starke radioaktive Quellen für externe Bestrahlungen, radioaktive Quellen im Innern des Körpers (Brachytherapie). Der Strahlenschutz betrifft sowohl Patient wie Personal und lässt sich in folgende Gebiete einteilen: bauliche Massnahmen (z.B. Abschirmungen, Ausstattung der Bestrahlungseinrichtungen), technische Massnahmen (z.B. Türen, Überwachungskameras, Sicherheitsschalter), organisatorische Massnahmen (z.B. Vorschriften, Einhaltung von Weisungen), Informationen (z.B. Aufklärung des Patienten über das Verhalten, Ausbildung des Personals). Um die Sicherheit der technischen Einrichtungen zu gewährleisten, bestehen detaillierte Vorschriften. So braucht es speziell ausgebildete Medizin-Physiker, welche tägliche, wöchentliche, monatliche und jährliche Messungen und Funktionskontrollen durchführen müssen. Bei Schwächungsmessungen ist zu berücksichtigen, dass auch sehr kleine Werte zu grossen Dosen führen können. Beispielsweise kann eine Transmission von 0.1 % durch eine Abschirmung bei einer einzigen Bestrahlungssitzung zu 2 mSv führen.

Für eine qualitativ gute Bestrahlung ist die optimale Bestrahlungsplanung eine wichtige Voraussetzung. Dabei geht es um die Kunst, eine möglichst hohe Dosis im Zielvolumen zu erreichen bei mög-lichst kleinen Dosen im umliegenden gesunden Gewebe. Grundlage dafür sind genaue Kenntnisse über die Lage, Ausdehnung und Form des Tumors. Um die verschiedenen Möglichkeiten in Bezug auf die resultierende Dosisverteilung am einzelnen Patienten zu simulieren, stehen Computersysteme zur Verfügung. Die in der Praxis zur Verfügung stehenden Bestrahlungsparameter können so lange verändert werden, bis ein optimaler Bestrahlungsplan erreicht ist. Diesen gilt es dann am Bestrahlungsgerät umzusetzen. Dabei spielt die Patientenlagerung eine wesentliche Rolle. Der Patient muss jeden Tag reproduzierbar neu gelagert werden; dazu dienen Hautmarkierungen, Laser- und Lichtsysteme, mechanische Einstellhilfen usw. Er muss aber auch während der Einstellung und Bestrahlung bewegungslos bleiben und deshalb bequem liegen. Dazu benützt man teilweise Masken, Halterungen, Unterlagen (Kissen, Rollen) oder speziell gefertigte Körperkonturformen.

Der Strahlenschutz für den Patienten ergibt sich aus einer optimalen Bestrahlungsplanung sowie den exakten und reproduzierbaren Durchführungen der Bestrahlung.

Für das Personal in der Radio-Onkologie bestehen folgende potentielle Gefährdungen: An den Beschleunigern mit Erzeugungsspannungen ab etwa 10 MV für Photonenstrahlen kann es zur Erzeu-gung von Neutronenstrahlung und zu Aktivierungen kommen. Insbesondere Metallteile im Bestrah-lungskopf und Abschirmblöcke vor dem Patienten (zur Feldverformung) können bei den intensiven Bestrahlungen in einem gut messbaren Ausmass aktiviert werden. Ansonsten ist das Personal ausserhalb des Bestrahlungsraumes gut geschützt. In der Brachytherapie wird mit relativ starken radioaktiven Quellen gearbeitet. Hier geht es vor allem um die Sicherheit, dass die Quelle ordnungsgemäss durch den Schlauch ins Zielvolumen im Patienten und nachher wieder in den Tresor zurückfährt. Bei einem Steckenbleiben der Quelle, einem Unterbruch des Führungsdrahtes usw. müsste das Personal sehr rasch handeln und vor allem den Patienten in Sicherheit bringen. Dabei wären höhere Dosen kaum zu vermeiden. Strahlenmessgeräte im Bestrahlungsraum, optische und akkustische Raumüberwachung, Kontrolle der Türschliessung, Türunterbrechung, Warnanzeigen usw. sollen den ordnungsgemässen Betrieb während den Bestrahlungen anzeigen und sicherstellen.

Jakob Roth, Basel, Oktober 2005

 

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