? Strahlenwirkung und Strahlenschutz ?

Fragen und Antworten => Anwendung in der Madizin => Frage und Antwort
 
  Frage:
Wie gross sind die Dosen bei einer nuklearmedizinischen Untersuchung ?


Kurzantwort

Im Mittel beträgt die effektive Dosis für eine einzelne Untersuchung ca. 4 mSv, kann jedoch je nach Untersuchungsart von 0,03 bis über 30 mSv variieren. Mit ca. 10 Untersuchungen pro Jahr und 1'000 Einwohner ist der Anteil der nuklearmedizinischen Untersuchungen in der Schweiz niedrig. Damit ist auch der Beitrag der nuklearmedizinischen Diagnostik mit 0.04 mSv zur gesamten mittleren effektiven Dosis der Schweizer Bevölkerung (ca. 4.0 mSv/Jahr) klein. In Deutschland liegt die Untersuchungshäufigkeit bei 44 Untersuchungen pro 1'000 Einwohner. Diese führen zu einer jährlichen effektiven Dosis pro Einwohner von 0,11 mSv. Für den einzelnen Patienten ist jedoch seine "eigene" Dosis von Bedeutung.

Illustration

Effektive Dosen bei verschiedenen nuklearmedizinischen Untersuchungen im Vergleich mit dem Dosisbereich der natürlichen Strahlenexposition pro Jahr (für ca. 90 % der Bevölkerung).

Erklärung

Die Strahlenexposition bei einer nuklearmedizinischen Untersuchung hängt von den physikalischen Eigenschaften des verwendeten Radionuklids (Halbwertszeit, Art und Energie der Strahlung, Aktivität) und vom biologischen Verhalten des Pharmakons (Trägersubstanz mit organspezifischer Affinität) im Organismus ab. Die bei einer Untersuchung applizierten Aktivitäten liegen in der Grössenordnung von 100 - 600 MBq. Es werden Radionuklide bevorzugt, die möglichst nur Gammastrahlung emittieren und eine kurze Halbwertszeit besitzen. Als ideal erweist sich Tc-99m mit einer Halbwertszeit von nur 6 Stunden und einer alleinigen Gammastrahlung mit einer Energie von 140 keV (ohne Betastrahlung, die wesentlich zur Dosis aber nichts zur Bildgebung beitragen würde). Dieses Radionuklid führt zu kleinen Strahlenexpositionen im Patienten. Die gesamte applizierte Aktivität für die Diagnostik beträgt in der Schweiz etwa 26 TBq pro Jahr. Von den insgesamt etwa 15 verschiedenen Radionukliden, welche in der nuklearmedizinischen Diagnostik verwendet werden, wird das Tc?99m (Aktivitätsanteil 89,5%) und das Xe?133 (7,5%) am häufigsten benutzt.

Die Berechnungen der einzelnen Organdosen in Abhängigkeit vom Radiopharmakon und von der applizierten Aktivität bilden die Grundlage für die Bestimmung der effektiven Dosis bei einer bestimmten Untersuchung. Sie beruhen einerseits auf der Verteilung der Radiopharmaka im Körper mit Hilfe von biokinetischen Verteilungsdaten und anderseits auf den kernphysikalischen Zerfallsdaten der eingesetzten Radionuklide. Überdurchschnittlich hohe Organdosen (von beispielsweise 30 mSv) erhalten oft die Knochenoberfläche, die Blasenwand und die Nieren. In den meisten Fällen liegen die effektiven Dosen zwischen von 0.3 und 15 mSv. Niedrige effektive Dosen resultieren z.B. aus Lungen-Ventilations- und Inhalationsuntersuchungen mit etwa 0.1 mSv und aus Nierenuntersuchungen mit 0.6 mSv. Dosen im oberen medizinischen Bereich können bei Untersuchungen von Tumoren und Entzündungen mit über 20 mSv oder des Myokards (Herz) mit 15 mSv auftreten. Das Knochenszintigramm als häufigste Untersuchung führt zu etwa 4 mSv. Wird eine Schilddrüsenuntersuchung mit 2 MBq I-131 durchgeführt, so beträgt die effektive Dosis 34 mSv, mit 13 MBq I-123 noch 2 mSv und mit 90 MBq Tc-99m nur noch 1 mSv.

Mit ca. 10 Untersuchungen pro Jahr und 1'000 Einwohner hat die Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein niedrige Frequenz. Dafür stehen in der Schweiz etwa 110 Gamma-Kameras zur Verfügung. Das Knochenszintigramm mit Tc-99m-Phosphat und einem Anteil von 43 % an der Gesamtanzahl der Untersuchungen ist die häufigste Untersuchungsart, gefolgt von Schilddrüsenuntersuchungen mit I?123, Tc?99m oder I?131 (15 %) und Lungenperfusionsstudien mit Tc?99m-Mikrosphären (14 %). Weitere nuklearmedizinische Untersuchungen betreffen die Lungen-Ventilation und -Inhalation, den Herzmuskel, den Herzbinnenraum, die Nieren und das Hirns mit verschiedenen Radiopharmaka.

Vgl. auch Frage Nr. 207 (Was ist Radioaktivität?).

Jakob Roth April 04

 

[Home]  [zurück]  []