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Frage:
Wozu werden in der diagnostischen Nuklearmedizin dem Patienten radioaktive Stoffe verabreicht ?
Kurzantwort
Dem Patienten werden radioaktive Stoffe verabreicht, um deren räumliche und zeitliche Verteilung im Körper anhand der Strahlung zu verfolgen. Die beim radioaktiven Zerfall entstehende Gammastrahlung wird ausserhalb des Körpers gemessen. Damit können insbesondere Anreicherungen in Geschwulsten und Entzündungen festgestellt sowie Körperfunktionen dargestellt werden.
Illustration
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Nuklearmedizinische Herz-Untersuchung (Myokard-Szintigrafie) mit Tl-201 (links) und Hirndurchblutungs-Untersuchung mit Tc-99m (rechts). Helle Regionen reichern viel Aktivität an, z.B. weil sie gut durchblutet sind; dunkle Regionen enthalten wenig Aktivität. |
Erklärung
Das Radiopharmakon besteht aus zwei Teilen: das Pharmakon und das Radionuklid. Die Trägersubstanz ist ein Pharmakon, das eine organspezifische Affinität besitzt und gezielt in einen Organstoffwechsel eingeschleust wird (Tracer, biologische Suchsubstanz). So gibt es Substanzen, die Metastasen (Tumorableger) im Knochen auffinden können und sich dort anlagern. An solche Stoffe werden geeignete Radionuklide chemisch gebunden. Es entstehen Radiopharmaka. Dank der beim radioaktiven Zerfall ausgesandten Gammastrahlung kann die Substanz im Körper mit einem Messgerät ausserhalb des Körpers lokalisiert werden. Auch der zeitliche Verlauf einer Anreicherung (bzw. Abnahme) kann festgestellt werden. Auf diese Weise können Stoffwechselvorgänge und Organfunktionen quantitativ erfasst werden. Beispielsweise kann die Anreicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse, das Vorhandensein von Metastasen im Knochen oder die Nierenfunktion sichtbar gemacht werden. Im Vergleich zur Röntgendiagnostik liegt die Stärke der Nuklearmedizin nicht in der örtlichen Auflösung, sondern in der zeitlichen Auflösung und in der Quantifizierung der angereicherten Substanz. Die Aufnahmefähigkeit einer Substanz in einem Organ hängt vom Krankheitszustand ab und liegt in der Grössenordnung von 5 - 50 % der applizierten Aktivität.
Ein Radiopharmakon kann je nach Untersuchungsart auf verschiedenen Wegen verabreicht werden: mit Kapsel oder Getränk über den Mund (per oral; z.B. bei der Schilddrüsenuntersuchung), gasförmig durch Einatmung (Inhalation; z.B. Lungenuntersuchung), mit Spritze in ein Blutgefäss oder in die Muskulatur usw.
Die verwendeten Messgeräte müssen möglichst empfindlich sein, um geringe Aktivitäten bzw. Intensitäten nachweisen zu können. Dazu eignet sich die Szintillationsmethode, womit grundsätzlich ein einzelner Gammastrahl registriert werden kann und durch elektronische Verstärkung um das Millionenfache ein messbares Signal erzeugt. Diese Technik wird bei der sogenannten Gammakamera benutzt, mit der grössere Körperteile abgebildet werden können. Die digitalen Signale werden als zeitliche Verläufe oder als zweidimensionale Intensitätsverteilungen dargestellt. Mit zwei oder drei Gammakameras bzw. einem ringförmigen Detektorsystem können Schnittbilder des Körpers erstellt werden (vergleichbar den Computer-Tomografien). Solche Systeme sind SPECT (Single Photon Emission Computer Tomography) und PET (Positron Emission Tomography). Beim zweiten verwendet man Positronenstrahler (β+-Zerfall), wodurch zwei Photonenstrahlen mit einer Energie von je 511 keV entstehen, die auf den gegenüberliegenden Detektoren ein Signal erzeugen. Beim PET kann dadurch auf Kollimatoren verzichtet werden.
Jakob Roth April 04
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